https://books.google.tn/books?id=sRHCDwAAQBAJ&printsec=frontcover&hl=de#v=onepage&q&f=false
Das in allen Teilen lesenswerte Werk eignet sich sowohl als Handbuch für die Grundlagenforschung zur Autonomie als auch als Bestandsaufnahme der Realisierung von externen Evaluationen in Europa. Es gehört in jede Schulbibliothek in das Regal der Lehrerbücher und sollte auch an pädagogischen Hochschulen und anderen schulwissenschaftlichen Einrichtungen nicht fehlen. Es ist auch für den Laien mit geringeren Vorkenntnissen leicht lesbar.Es
folgt ein Beitrag von
Frida Bordon & Norbert Leist zur Schulautonomie
und der innovativen Schulaufsicht in Hessen. In Hessen betraf die Studie die
berufsbildenden Schulen. Interessant und wahrscheinlich auf andere Länder
ausdehnbar sind die Erkenntnisse zu bestimmten Mustern: „Die datengestützte Aufsicht
entfaltet einen enttäuschend geringen Grad an Wirksamkeit in der Einzelschule,
da diese in der Regel die erhobenen Daten erst ansatzweise für
Qualitätsmanagement nutzt. System-Monitoring und Metaevaluation haben geringen
Einfluss auf das operative Geschäft. Die Schulaufsicht hat zu wenige
Ressourcen und Kompetenzen, um die Einzelschule gemäß ihrer Bedarfe zu beraten
oder systematisch regionale Schulentwicklung betreiben zu können. Individuelle
Förderung der Schüler/innen und die Stärkung des selbstorganisierten Lernens im
Kontext der Entwicklung einer neuen Lernkultur sind von geringer Relevanz für
die pädagogische Arbeit. Fremdevaluation und Selbstevaluation gehören nicht
selbstverständlich zum schuleigenen Qualitätsmanagement (Oelker, 2018)“. Der Beitrag gibt
dann Hinweise und Beispiele einer innovativen Beziehung zwischen Schulen und
Schulaufsicht. Im Unterthema „Eigenverantwortlich – selbstständig – autonom.
Schulische Entscheidungsspielräume“ wird von Bayern berichtet, wie die externe
Evaluation abläuft; ein Evaluationsteam, welches jede Schule etwa alle fünf
Jahre besucht besteht aus vier Personen, wovon eine aus der Wirtschaft stammt.
Der Bericht ergeht nur an die Schule und die unmittelbare Schulaufsicht. Es
werde daran gearbeitet, die Evaluation der Schulen zukünftig mit weniger
Aufwand zu gestalten. In Hessen ist die regelhafte Schulinspektion abgeschafft
und das Institut für Qualitätsentwicklung aufgelöst worden. Hier wäre es
interessant gewesen, kurz auf die Hintergründe einzugehen. Denn ähnliches ist
auch in Niedersachsen und in Nordrhein-Westfalen abgegangen, wo eine sehr
aufwändige Schulinspektion reduziert worden ist. Das von den Niederlanden
übernommene Modell erwies sich letztlich anscheinend als zu teuer.
Es
stellt einen großen Fortschritt für die neue Evaluationsstelle (seit 2014 im
Amt) dar, dass erstmals zugegeben wird, dass es auch vor 2014 eine
Schulautonomie in Südtirol und eine externe Evaluation der Schulen vor 2014
gegeben hat. Bislang hat diese Stelle dies stets kühn verneint oder ist diese
Tatsache nonchalant übergangen, was bis heute noch in ihrem Webauftritt der
Fall ist und in verschiedenen Schriften und Vorträgen immer wieder vorgebracht
wird, z. B in der Zusammenarbeit mit Sequals wie auch in der Publikation
Sitzmann [Hrsg] „20 Jahre Autonomie der Schule in Südtirol – Einschätzungen und
Erfahrungen“. In dieser letzten Schrift wird die erste Evaluationsstelle zwar
nebenbei erwähnt, ihr Tun jedoch
verniedlicht. Auch andere offizielle Stellen wie z. B. die Pädagogische
Abteilung und deren damaliger Leiter Rudolf Meraner taten sich schwer, eine
Entwicklung, die sich seit 2000 fest implementiert hat, in der Rückschau auch
nur zu erwähnen.
Trotz
der nun in diesem Beitrag erfolgten Bestätigung
ist der Bericht lückenhaft und teilweise mit Fehlern besetzt, auch wenn der
gute Willen nicht abgesprochen werden kann, relativ ausgewogen zu berichten.
Die mangelnde Kenntnis der Entwicklungsgeschichte mag mit der Jugend der Autoren zu tun haben,
welche die damit zusammenhängenden Diskussionen, Pläne und Vorschläge, aber
auch normativen Festlegungen nicht aktiv mitgestaltet haben.
(http://www.schulevaluation.it/rechtliche_grundlagen.html)
Die
Ungenauigkeiten beginnt schon mit der Fokussierung des in den späten 90-er
Jahren entstehenden Autonomiegedankens einzig und allein auf Meraner, der
sicherlich eine treibende Kraft in der Diskussion um die mit der Schulautonomie
zusammenhängenden Evaluation war, aber bei weitem nicht der einzige. Ich
erinnere z. B. an den wissenschaftlichen Beirat des Pädagogischen Instituts,
dem auch einer der Autoren des vorliegenden Werks angehörte, nämlich Herbert
Altrichter. Andere waren Sitta, Blüml, Baur, um nur einige Kapazitäten zu
erwähnen. Beiträge haben auch Prof. Posch sowie Prof. Brockmeyer geliefert.
Unerwähnt blieb auch das große Vorbild für Südtirol, das erfolgreiche Trentiner
Modell des Evaluationsgebarens, von dem dann das gesamte Gerüst und wesentliche
inhaltliche Teile in die Gesetzgebung
und Durchführung rund um die Autonomie und die
Evaluation dazu eingeflossen sind.
In
der ursprünglichen Gesetzgebung war auch ein einheitliches Modell für die drei
Sprachgruppen eingeführt worden, von dem sich deutsche Sprachgruppe nach und nach löste. Die gesetzlichen
Abänderungen betrafen in der Folge nur mehr die deutsche Sprachgruppe.
Es
wird von einer Neugestaltung des Qualitätsrahmens gesprochen. Dies ist nicht
der Fall. Der Qualitätsrahmen ist jener der „alten“ Evaluationsstelle mit
einigen geringfügigen Abänderungen und Umordnungen. Ein Bereich ist dazu
gekommen und ein anderer ist zurückgestutzt worden. Die Qualitätsmerkmale sind
mehr oder weniger dieselben geblieben. Es gibt aber tatsächlich einige wesentliche
Neuerungen:
1.
Das Evaluationsgebaren beschränkt sich neuerdings auf die Schulinspektionen und
ist wesentlich schlanker als jenes der vorherigen Evaluationsstelle. Die
Berichte sind kürzer und können deshalb zeitnaher zurückgemeldet werden,
nachdem sie von der Bildungsdirektion kontrolliert worden sind. Das ist auch
einem mehr als dreimal so großen Personalstand gegenüber der früheren
Evaluationsstelle zu verdanken. Das ist als positive Veränderung zu vermerken.
2.
Der ersten Evaluationsstelle war es wichtig, unabhängig von der
Bildungsverwaltung zu arbeiten. An dieser Unabhängigkeit ist zwar immer wieder gesägt
worden, doch die Evaluationsstelle blieb standhaft. Das verschaffte ihr das
Vertrauen der Schulen. So war die Rückmeldung des Evaluationsberichtes an die
Schulen ein Sache zwischen der Evaluationsstelle und der Schuldirektion sowie
dem Lehrerkollegium. Das Schulamt wurde nicht involviert. Teilweise wurden die
Schulen vom Schulamtsleiter gezwungen, den erhaltenen Bericht herauszurücken,
das war aber nicht mehr Sache der Evaluationsstelle. Der Aspekt der
Unabhängigkeit ist mit der neuen Evaluationsstelle abgeschafft worden, sie ist
der Bildungsdirektion untergeordnet. Aus der Sicht der Bildungsdirektion
wahrscheinlich eine positive Entwicklung.
Dennoch
wurden von der Evaluationsstelle die entsprechenden Instrumente entwickelt und
bis 2012 alle Schulen mit ihren sämtlichen Schulstellen evaluiert, wobei
meistenteils an der Evaluationsstelle nur drei Personen angestellt waren.
Alles in allem ist die Broschüre ein lesenswerter Beitrag zur
pädagogischen Fachliteratur und gleichzeitig ein Fundus an Beobachtungen zu
gesellschaftlichen Entwicklungen.
Franz Hilpold, Leiter der Evaluationsstelle für die deutsche
Sprachgruppe in Südtirol von 2004 bis 2012